Der Habgier den Rücken kehren

In Anbetracht der momentanen Zeiten erscheint es angebracht sich mit dem Thema „Habgier“ innerhalb unserer Systeme und Gesellschaften auseinanderzusetzen. Nur so erhalten wir einen veränderten Blick auf die Chancen der Entwicklung in der Zukunft. Alles andere würde sonst nur bedeuten, dass wir nach der Krise wieder genauso weiter machen wie vor der Krise. Das hatten wir nach der Finanzmarkt-Krise 2008 (Eintritt von Pluto in den Tierkreisabschnitt Steinbock) nämlich genauso gemacht und daher stehen wir jetzt an einem noch größeren und noch weit schwierigeren Scheideweg (Pluto-Saturn-Konjunktion in Steinbock). Und jetzt wird es gelöst und wenn es sein muss, mit der Totalzertrümmerung aller Strukturen auf allen Ebenen. Vielen Menschen ist noch immer nicht wirklich bewusst, dass wir jetzt die Ernte der jahrzehntelang waltenden „Hab- und Raffgier“ unter uns und von uns Menschen einfahren. Und in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren werden wir dies nun mit aller Härte, schonungslos und mit allen Konsequenzen erfahren. Dennoch kommt es auf jeden Einzelnen von uns an, wie wir mit den Konsequenzen und Auswirkungen umgehen und wie sehr wir – jeder Einzelne – bereit sind, daraus zu lernen und neue Wege einzuschlagen, um zukünftig zu einer moralischeren, offeneren, ehrlicheren, wahrhaftigeren, ganzheitlichen und brüder- und schwesterlichen Sicht und Haltung zu gelangen.

Der Habgier den Rücken kehren
„Mein ganzes Leben lang war ich habsüchtig, habsüchtig, habsüchtig. Ich habe mir alles Geld geschnappt, das ich bekommen konnte.“ erklärte Donald Trump am 9. Januar 2016 bei einer Wahlkampfrede in Des Moines, Iowa.
Ein Philosoph der Antike hätte Trump zweifellos eine akute Form der „pleonexia“ bescheinigt. Der aus den Worten „mehr“ (pleon) und „haben“ (echein) zusammengesetzte Begriff „Mehrhabenwollen“ brandmarkte Aristoteles als das ungerechte Zuviel an Glücksgütern.
Cicero schrieb in seiner Schrift „Über die Pflichten“ (De officiis) bereits Trump ins Stammbuch: „Kein Laster ist abstoßender als die Habsucht, vor allem bei führenden Männern und solchen, die den Staat leiten. Den Staat nämlich als Erwerbsquelle zu haben ist nicht nur schändlich, sondern auch verbrecherisch und ruchlos.“
Erich Fromm zitierte Spinoza der psychische Erkrankungen als ein Symptom der Unfähigkeit sieht, in Einklang mit den Erfordernissen der menschlichen Natur zu leben: „Wenn der Habgierige an nichts anderes denkt als an Gewinn und Geld, und der Ehrgeizige an Ruhm usw., so gelten diese nicht als wahnsinnig. In Wahrheit aber sind Habgier, Ehrgeiz, Wollust usw. Arten des Wahnsinns, wenn man sie auch nicht zu den Krankheiten zählt.“ Die auch Habgier (avaritia) genannte „pleonexia“ gehört zum kirchlichen Katalog der sieben Todsünden. Bei Timotheus 1,6 heisst es: „Habgier ist die Wurzel aller Übel“.

Platon sieht in der Pleonexie, eine alle Bevölkerungsschichten ergreifende Pandemie der schrankenlosen Liebe der Menschen zu Reichtum und Genuss, als Ursache für das anhaltende Übel in den Staaten: „…das muss man als die Ursache davon erklären, dass ein Staat weder diese noch sonst eine gute und schöne Beschäftigung ernsthaft betreibt, sondern dass jedermann aus Unersättlichkeit nach Gold und Silber sich jedes Gewerbe und jedes Mittel, ob ehrenhaft oder unanständig, gefallen lässt, wenn er nur dadurch reicher wird, und dass er jede Tat begeht, mag sie fromm oder unfromm und ganz schimpflich sein, ohne die geringste Spur von Skrupel zu empfinden, wenn sie ihn nur in den Stand setzt, wie ein Tier alles mögliche zu essen und zu trinken und sich jede erdenkliche Befriedigung seiner Liebesgelüste zu verschaffen“. So warnte auch Epikur von Samos: „Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug“.

Dagegen zogen die Philosophen der Antike die Schlussfolgerung, dass derjenige an seinem Besitz die größte Freude hat, der innerlich frei von ihm bleibt. Plutarch empfahl:„ … daher wünscht sich der Vernünftige zwar das Bessere, macht sich aber auch auf das Gegenteil gefasst, wobei er von beidem Gebrauch macht, ohne ein Übermaß zuzulassen.“ Denn es gilt nicht bloß der Satz Epikurs: „Wer ganz bedürfnislos ins Morgen hineingeht, für den wird es voll von Reizen sein‘, sondern darüber hinaus werden auch Reichtum, Ansehen, Einfluss und Amtsgewalt am meisten den erfreuen, der sich um ihren möglichen Verlust am wenigsten bekümmert.“
Zwei Jahrtausende später sieht der englische Philosoph Thomas Hobbes’ im Menschen ein nie zur Ruhe kommendes, getriebenes Lebewesen, das von seinem Streben nach Mehrhabenwollen (Pleonexie) niemals ablassen kann: „So halte ich an erster Stelle ein fortwährendes und rastloses Verlangen nach immer neuer Macht für einen allgemeinen Trieb der gesamten Menschheit, der nur mit dem Tode endet.“ (Leviathan)

Die weltweit grassierende CORONA Pandemie könnte vielen Menschen den Anstoß geben ihr Leben zu überdenken und den philosophischen Erkenntnissen der Antike und der zum geistigen Glück und inneren Zufriedenheit folgenden Lehre Christi zu folgen. Der Pleonexie, der Habgier, den Rücken zu kehren ist das notwendige Gebot der Zeit. Dazu gehört, dem Erwerb und Besitz des Geldes einen neuen Stellenwert in unserem Leben zuzuweisen.

In seinen 1928 erschienenen Essay „Wirtschaftliche Möglichkeiten für unsere Enkelkinder“ führt uns der berühmte britische Ökonom John Maynard Keynes auf die richtige Spur: „Wir sollten uns wagen, den Geldtrieb nach seinem wahren Wert einzuschätzen. Die Liebe zum Geld als ein Wert in sich − was zu unterscheiden ist von der Liebe zum Geld als einem Mittel für die Freuden und die wirklichen Dinge des Lebens − wird als das erkannt werden, was sie ist, ein ziemlich widerliches, krankhaftes Leiden, eine jener halb-kriminellen, halb-pathologischen Neigungen, die man mit Schaudern den Spezialisten für Geisteskrankheiten überlässt.“