Muslime verbreiten gefälschtes Evangelium

Muslime verbreiten gefälschtes Evangelium
Lügen haben kurzen Beine sagt der Volksmund. Von wegen. Mancher Schwindel erweist sich als ausgesprochen langlebig. So präsentieren muslimische Internetseiten noch immer das plump gefälschte „Evangelium des Barnabas“ als antike Schrift. Angeblich soll es eine Brücke des Christentums zum Islam schlagen. In den islamischen Propagandaberichten heißt es zum Beispiel: „Zum Missfallen des Vatikans wurde nun eine weitere ca. 1500 bis 2000 Jahre alte Bibel in der Türkei entdeckt und befindet sich mittlerweile im ethnologischen Museum in Ankara. Laut Experten und religiösen Fachkundigen ist diese Bibel absolut authentisch.“ Im Text wird beispielsweise behauptet, dass Jesus die Geburt Mohammeds vorhergesagt haben soll. Der türkische Kultur- und Touristik-Minister Ertugrul Günay glaubt: „Dass diese alte Bibel tatsächlich eine authentische Version des Evangeliums beinhalten könne und die starken Parallelen zum Islam damals von der Kirche mit voller Absicht unterdrückt wurde. Somit stünde der Islam nicht zum Widerspruch zum Christentum, sondern könnte als eine spätere Erweiterung durch den Propheten Mohammed betrachtet werden.“

Ende der zirkusreifen Vorstellung. Fakt ist, daß der zur Jerusalemer Christengemeinde gehörende Barnabas zusammen mit dem Apostel Paulus ausgedehnte Missionsreisen unternahm und im Jahr 61 den Märtyrertod auf Zypern erlitt. Hier wird er als Nationalheiliger gefeiert. Die einzige komplett erhaltene Handschrift seines sogenannten Evangeliums wird in der Handschriftensammlung der Wiener Nationalbibliothek aufbewahrt. Der Wiener Theologe und Religionswissenschafter Franz Winter beschreibt das Unikat „als einen in einem wilden toskanischen Italienisch mit venezianischen Dialekteinschlägen gehaltenen Text mit zahlreichen Randnotizen in einem teilweise horriblen Arabisch. Die Datierungsversuche schwanken zwischen dem 14. Jh. und dem 16. Jh. und seine äußere Gestalt lässt an Istanbul als Entstehungsort denken.“
Die Übersetzung des Textes durch Muḥammad Rašīd Riḍā (1865-1935), übersetzte das wirre Konglomerat 1908 ins Arabische. Weitere Übertragungen ins Persische, Türkische, Urdu und Indonesische sorgten für eine rasche Verbreitung in den islamischen Gemeinden. Ein 2007 im Iran entstandene Verfilmung verstärkte das Interesse der Muslime für die Barnabas-Fälschung. 2012 posaunten türkische Medien den „sensationellen“ Fund des „originalen“ Barnabas-Evangeliums in die Welt hinaus.

Das in goldenen Lettern geschriebene Pamphlet soll von der türkischen Polizei bei einer Bande von Schmugglern entdeckt worden sein. Im Text wird Apostel Paulus als Betrüger und Hochstapler bezeichnet. Statt Jesus wurde angeblich sein Jünger Judas gekreuzigt.
İhsan Özbek, ein türkischer Pastor und derzeitiger Vorsitzende der Vereinigung Freikirchlicher Protestanten, erklärte, daß es sich bei diesem Werk nur um eine Fälschung handeln kann. Er vermutet, dass die Kopie in Ankara entstand. Neben der in Wien aufbewahrten ita­lie­ni­schen Fassung und zwei spa­ni­schen Hand­schrif­ten wur­de übrigens noch nie eine grie­chi­sche, latei­ni­sche oder hebräi­sche Hand­schrift ge­fun­den. Damit fehlt jeglicher Beweis, daß das Bar­na­bas-E­van­ge­li­um vor dem 16. Jahr­hun­dert exi­stierte, fand die namhafte Islamwissenschaftlerin Chri­sti­ne Schirr­ma­cher heraus,
Daß isla­mi­sche Medi­en behaup­te­n, der Text sei 1500 Jah­re alt entlarvt sich bereits auf dem ersten Blick als Schwindel, steht doch auf der Titel­sei­te, daß er angeblich im „1500. Jahr Unse­res Herrn“, d. h. 1500 nach Christus ver­faßt wurde.
Seit der ersten ara­bi­schen Über­set­zung von 1908 spielt der Text „in der isla­mi­schen Welt eine unge­heu­re Rol­le als Waf­fe gegen das Chri­sten­tum“, informiert Schirr­ma­cher. Die Chri­sten sol­len über die „Fäl­schun­gen“ ihres Evan­ge­li­ums durch das „wah­re“ Evan­ge­li­um, das auf Moham­med ver­weist, „auf­ge­klärt“ wer­den, um die ein­zig wah­re Religion, den Islam zu erken­nen erklärt der katholische Publizist Giuseppe Nardi.

Ausgesprochen wertvoll ist dagegen den im zweiten Jahrhundert entstandenen Barnabas-Brief zu studieren. Obwohl auch diese Handschrift, wie Bibelwissenschaftler herausfanden, nicht von Barnabas stammt, ist er überaus lesenswert. Hier wendet sich der Autor unter anderem entschieden gehen die „Verfolger der Guten, die Wahrheit hassen, Lügen lieben, den Lohn für die Gerechtigkeit nicht kennen, denen Sanftmut und Ausdauer weit und entfernt liegen, die Nichtiges lieben, nach Lohn jagen, des Armen sich nicht erbarmen, sich um den Mühseligen nicht mühen, die sich vom Bedürftigen abwenden, den Bedrängten bedrücken, Fürsprecher der Reichen und ungerechte Richter der Armen“. Diese vom Geist der Wahrheit inspirierten Zeilen können sich die Christen getrost weiterhin ins Stammbuch schreiben.

Bildnachweis:
Von Gerhard Haubold – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6521993