Zur spirituellen Dimension der Quarantäne und Quaresima

Zur spirituellen Dimension der Quarantäne und Quaresima
Die Synchronizität und organisch gegliederte Duplizität der Ereignisse gehört zu den zutiefst verblüffenden Erscheinungsformen der kosmischen Sophia. Die überfallartige Ausbreitung der Corona Pandemie bietet dabei ein schmerzliches, jedoch zu einer tiefen Erkenntnis führendes Beispiel.
Früher wurde das Auftreten von Seuchen häufig als eine Strafe Gottes gesehen. Selbst eine Masseninfektion von Tieren machte da keine Ausnahme. So hieß es zum Beispiel in einem 1755 veröffentlichten Traktat: „andächtige Leute erkennen die Viehseuche als eine Strafe Gottes, weil jetzt in der heiligen Fastenzeit Fleisch zu essen erlaubt wurde, wodurch wir uns die Plage zuziehen.“
Das sich die Corona-Seuche in Europa erst nach Aschermittwich massiv verbreitete passt ins Bild. Die in der Fastenzeit erlassenen Quarantänebestimmungen waren dringend geboten. Hier gehört die Duplizität zur Methode. Schließlich haben die Begriffe Quarantäne und „Quaresima“ (lat.: Fastenzeit) den gleichen Ursprung. Beide Ausdrücke leiten sich von der Zahl 40 ab. Venezianer führten 1374 die erste Quarantäne ein, um ihre Bürger vor der Pest zu schützen. Ausländische Schiffe mussten für 40 Tage außerhalb des städtischen Hafens vor Anker gehen. In der Quaresima musste sich die Christenheit von Aschermittwoch bis Ostern bis ins 16. Jahrhundert hinein für 40 Tage strikt vegan ernähren.
Am Anfang der dritten Woche vor Beginn des 40-tägigen Osterfastens beginnt übrigens für die Gläubigen der syrisch-orthodoxen Kirche das sogenannte „Ninivefasten“.
Sein Ursprung geht auf die biblische Geschichte um die Stadt Ninive zurück. Deren Bewohner fasteten und gingen in Sack und Asche, weil sie auf die Warnungen des Propheten Jona hörten. Da im 6. Jahrhundert Hunderttausende an der Pest starben, riefen damals die Geistlichen die Gläubigen auf zu fasten, so wie es die Bewohner Ninives getan hatten. Bis heute enthalten sich die syrischen Christen beim Ninivefasten an drei Tagen tagsüber der Nahrung und nehmen am Abend ein veganes, aus Getreide und Hülsenfrüchten bestehendes Mahl zu sich. Es gibt unterschiedliche Abstufungen des Fastens die der Universalgelehrte Gregorius Bar Hebräus (1225-1286) beschrieb. Die Höchste ist „das Fasten der Vollkommenen, die das materielle Fasten mit dem Fasten für die Sinne verbinden, indem die Seele frei von schlechten Gedanken wird. Ziel sei die Eliminierung jeglichen weltlichen Denkens aus dem Herzen.“
Ein Gebet an die „Heilige Corona“ könnte vielleicht den katholischen Christen Mut machen dieser wertvollen spirituellen Disziplin zu folgen. Die im Jahr 161 geborene Märtyerin wurde im heutigen Syrien auf Grund ihres christlichen Glaubens ermordet. Die Heilige Corona soll bei Epidemien und Seuchen, sowie in Geldangelegenheiten helfen. Ihre Verehrung beschränkte sich zuletzt auf den österreichisch-bayrischen Raum, wird jedoch, dank ihrer Namensgleichheit mit dem Virus, sicher schon bald eine weitere Verbreitung finden.
Dass der Ursprung der Pandemie auf einen chinesischen Esswarenmarkt zu finden ist sollte nachdenklich stimmen. Das Magazin „Der Spiegel“ erklärte in einem am 28. März online gestellten Artikel unter der Überschrift „Ob Gürteltier oder Schwein – Fleischkonsum steigert das Pandemierisiko“. Ein für Fleischesser bestürzender Sachverhalt. Ein Blick in die jüngste Pandemie-Geschichte verrät nämlich, dass längst nicht nur chinesische Essgewohnheiten Pandemien entfesselten. Selbst wer nur Tiere isst, die wie das Schwein auf europäischen Speisekarten stehen, ist nicht vor Krankheiten gefeit. Im Gegenteil: Seit Anfang 1918 breitete sich, zuerst in den USA, die „Spanische Grippe“ aus die 50 Millionen Menschen das Leben kostete. Forscher lokalisierten ihren Ursprung im Mittleren Westen der USA, wo das Virus nachweislich vom Schwein auf den Menschen übersprang.
Ein jüngst erschienener Aufsatz der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (Facebook Gruppe Anthroposophie heute) verweist auf den karmischen Hintergrund des Corona-Virus: „Warum werden nun Viren aus dem Tierreich für den Menschen gefährlich? Wir fügen den Tieren gegenwärtig unsägliches Leid zu: Massenhafte und grausame Tötungen bis zu den Experimenten mit Labortieren führen zu Schmerz, dem die Tierwelt hilflos ausgeliefert ist. Auch der gewöhnliche Handel mit lebenden Tieren kann diese außerordentlich in angstbetonten Stress versetzen.“ Am Ende der Passage stellen die Autoren die spannende Frage: „Kann dieses Leid zu Konsequenzen führen, die Viren verändern, welche im tierischen Organismus heimisch sind?“
In seiner großartigen Analyse: „Acht aktuelle Lektionen von Otto Scharmer: Vom Coronavirus zum Klimaschutz“
(https://medium.com/@sascha.g.berger/acht-aktuelle-lektionen-von-otto-scharmer-vom-coronavirus-zur-klimaaktion-6588e131a519) geht der Autor auf die spirituellen Möglichkeiten der Krise ein und schreibt : „Wie könnten wir unsere gegenwärtige Situation nutzen, um zu entschleunigen, innezuhalten und uns mit unseren tieferen Quellen der Stille zu verbinden? Vielleicht ist das, was jetzt gefordert wird, ein globaler Moment, in dem alles und jeder für einen Moment der Stille, für einen Moment der Verbindung mit der Quelle innehält.
Bisher waren wir alle tagtäglich von Unruhe und Lärm umgeben. Die Stille und innere Ruhe sind in der hektischen Atmosphäre der Arbeitswelt zum seltenen Gut geworden. Unsere Seele braucht jedoch die Stille, gerade zur Zeit der Pandemie, nötiger denn je, um unsere Widerstandskraft zu stärken und nicht krank zu werden.
Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard forderte: „Schaffe Schweigen!“. In den durch Meditation erfahrenen Momenten der Stille, wird der Mensch in die Lage versetzt die grenzenlose spirituelle Dimension der Sophia zu erahnen. Um diesen Zustand zu erreichen erweist sich das Fasten als inspirierender Helfer. Der griechische Kirchenlehrer Johannes Chrysostomus (um 350 – 407) erklärte: „Fasten ist die Speise der Seele. Wie die körperliche Speise stärkt, so macht das Fasten die Seele kräftiger und verschafft ihr bewegliche Flügel, hebt sie empor und lässt sie über himmlische Dinge nachdenken.“
So können uns die beiden Q, – Quarantäne und Quaresima – wunderbarerweise zur ersehnten Erkenntnis der höheren Welten führen.

Hier noch ein Artikel der Anthroposophin Ita Wegmann aus der Zeitschrift NATURA aus 1929 (von ihr bereits 1928 verfasst):
Ita-Wegman_Das-Mysterium-der-Erde